Jacek Krajnik im RGA Interview

aus: www.rga.de
vom: 16.5.2017
von: Andreas Dach

Er ist ein Sportler, der niemals aufgibt
Jacek Krajnik hat seine aktive Laufbahn beendet. Bei der HGR bringt er sich mehr denn je ein.

Wie fühlt es sich an, am Samstag die aktive Laufbahn beendet zu haben? Das Spiel gegen Oppum war Ihr letztes im Dress der HGR.

Jacek Krajnik: Ich hätte mir gewünscht, meine Karriere mit einem Sieg zu beschließen. Das hat leider nicht funktioniert. Wichtiger war aber, dass wir die schwierige Saison einigermaßen vernünftig zu Ende gebracht haben. Mit einem Abstieg wollte ich mich nicht verabschieden, das wäre traurig gewesen. So ist es in Ordnung, wobei ich – ehrlich gesagt – noch gar nicht so richtig realisiert habe, dass Schluss ist. Noch fühlt es sich an wie ein normales Saisonende.

Sie sind 38 Jahre alt, 28 davon haben sie Handball gespielt. Wie und wo hat Sie die Sportart so fasziniert, dass Sie ihr aktiv drei Jahrzehnte treu geblieben sind?

Krajnik: Das war in der Grundschule in Danzig. Da hat man in der vierten Klasse die Talente rausgepickt und eine Extraklasse gegründet. Ich gehörte dazu und habe in der Folge zweimal täglich trainiert. 

Und haben eine tolle Entwicklung genommen.

Krajnik: Ich habe im Verein alle Jugendbereiche durchlaufen und bin mit der A- und B-Jugend meines Clubs Spojnia Danzig dreimal polnischer Meister geworden.

Warum ging es nicht noch weiter hoch?

Krajnik: Ging es anfangs. Mit Einsätzen in der Jugendnationalmannschaft und auch in der 1. Liga bei den Senioren. Eine schwere Verletzung hat mit 19 alles gestoppt. Kreuzband, Meniskus, Knorpel – im linken Knie war alles kaputt. Ich musste mein Studium an der Sporthochschule abbrechen, und mein Arzt hat mir ein Karriereende prognostiziert.

Er hat nicht recht behalten. Gottseidank.

Krajnik: Ich kannte einen Physiotherapeuten in Köln. Er hat gesagt, dass er mich innerhalb eines Jahres wieder fit bekommt.

Also haben Sie Polen verlassen und sind im Jahr 2000 ins Rheinland gekommen.

Krajnik: Eigentlich wollte ich nur für dieses eine Jahr in Deutschland bleiben. Mittlerweile sind es 17.

17 Jahre, in denen Sie sehr gut Handball gespielt und sich zu einem Gesicht der HGR entwickelt haben.

Krajnik: Ich durfte in Deutschland bleiben, weil ich neben einem polnischen auch einen französischen Pass habe. Mein Opa ist in Frankreich geboren. Ich habe die deutsche Sprache gelernt und in Frechen als Lagerist gearbeitet. Dort habe ich auch begonnen, wieder Handball zu spielen. Über die Stationen Rheinbach/Wormersdorf, TuS Niederwermelskirchen und TG Hilgen ging es weiter zur HG Remscheid. Dort habe ich, mit der Unterbrechung von zwei Jahren in Strombach, nun zehn Jahre gespielt.

Dann schlagen zwei Herzen in Ihrer Brust, ein polnisches und ein deutsches.

Krajnik: In mir ist schon noch sehr viel polnisch. Gerade erst konnte ich die Mannschaft überreden, die Abschlusstour diesmal nach Danzig in meine Heimat zu machen. Über Fronleichnam sind wir fünf Tage dort, auch Co-Trainer Roland Halfmann ist dabei. Mit Lukas Steinhoff und Basti Römmler fahre ich schon eine Woche vorher nach Polen, zeige ihnen Zakopane und Krakau. Ach ja, davor bin ich mit den Bergischen Soldaten auch noch ein paar Tage auf Mallorca.

Zurück zum Handball. Manchmal fragt man sich, welches eigentlich Ihre Lieblingsposition ist.

Krajnik: Bis auf Torwart habe ich schon alles gespielt. In der Jugend habe ich auf Halblinks begonnen. Später wurde es meist Halbrechts, in Strombach auch die Mitte.

Was Sie immer ausgezeichnet hat, war Ihr Kampfgeist, war Ihr Wille.

Krajnik: Das hatte etwas mit meiner handballerischen Ausbildung in Polen zu tun. Dort haben wir anders trainiert, teilweise sogar auf Asphalt. Man hat uns mal in den Bergen rausgelassen und gesagt: Nun seht mal zu, wie ihr nach Hause kommt. Das war ein sportlicher Überlebenskampf.

Der Sie geprägt hat.

Krajnik: Aufgeben kommt für mich nicht in Frage. Ich wollte immer ein Vorbild sein, auch wenn ich technisch nicht so begabt bin wie andere. Es gab kaum ein Spiel, das ich verpasst habe. Tapen, Schmerztablette – weiter ging´s.

Was man bei den jungen Sportlern heutzutage nicht mehr oft in dieser Form erlebt.

Krajnik: Viele geben zu früh auf und ziehen ihr Ding nicht durch. Da kommen dann solche Ausreden wie der Geburtstag der Oma, wenn sie nicht zum Training kommen wollen. So etwas kenne ich nicht. Ich habe immer Gas gegeben und mich auch jetzt nicht alt gefühlt, als ich zum Teil Spieler mit im Team hatte, die meine Söhne hätten sein können.

Die 2. Mannschaft der HGR haben Sie als Trainer in der Bezirksliga auf einen starken fünften Rang geführt.

Krajnik: Die Jungs haben eine tolle Saison gespielt, ich bin stolz auf sie. Viele von ihnen hatten wir aus der Dritten hochgezogen, und sie haben sich gut entwickelt.

Sehen Sie im Traineramt Ihre sportliche Zukunft?

Krajnik: Ich habe kürzlich die B-Lizenz gemacht und freue mich auf die Aufgabe mit Lukas Steinhoff, mit dem ich gut befreundet bin.

Sie werden Ihn als Coach beim Oberligateam unterstützen und selbst weiter die HGR II in der Landesliga betreuen.

Krajnik: Genau, wir haben uns einiges vorgenommen. Am liebsten würde ich am Ende der kommenden Saison zwei Aufstiege feiern. Bei der C-Jugend helfe ich auch mit.

Klingt so, als würden Sie sich bei der HGR so richtig wohl fühlen.

Krajnik: Das ist auch so. Auf Ralf Hesse als Verantwortlichen kann man sich immer verlassen. Ohne sein Engagement gäbe es die HGR nicht mehr.

Ihr Ex-Trainer Mike Novakovic hat gerade via Facebook ein Loblied auf Sie gesungen. Unter anderem hieß es: Jeder Trainer kann sich nur wünschen, solche Charakterspieler in der Halle begrüßen zu dürfen.

Krajnik: Ja, der Mike. Wir haben die gleiche Denkweise. Er hat auch nie aufgegeben. Wir schreiben uns regelmäßig. Er ist gerade mit seinem neuen Club aufgestiegen. Darüber habe ich mich gefreut. Auch mit ehemaligen HGR-Spielern wie Basti Munkel, Carsten Mundhenk und Christoph Fritzen stehe ich unverändert noch in Kontakt.

ZUR PERSON

JACEK KRAJNIK Der Handballer der HGR wurde am 16. Februar 1979 in Danzig (Polen) geboren. Seit dem Jahr 2000 lebt er in Deutschland, hat vor wenigen Tagen seine aktive Laufbahn in Remscheid beendet. Als Trainer bzw. Co-Trainer wird er sich künftig bei drei Teams der HGR einbringen. Krajnik ist gelernter Psychiatrie-Krankenpfleger und seit mittlerweile sieben Jahre für „BeWo“ (Betreutes Wohnen für Menschen mit geistigen und körperlichen Behinderungen) tätig. Er sagt: „Da bin ich sehr zufrieden.“

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